"Warnstreiks passen nicht in diese krisenhafte Lage"

Interview mit Markus Simon, Verhandlungsführer Arbeitgeber, zum Stand der Tarifverhandlungen in der westdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie

18.03.2025

Seit Januar läuft die Tarifrunde für die westdeutsche Textil- und Bekleidungsindustrie. In den frühen Morgenstunden des 13. März brach die IG Metall die dritte Runde in Ostbevern im Münsterland ab. Dabei sollte die nächtliche Sitzung den Durchbruch bringen. Die Arbeitgeber unterbreiteten der IG Metall ein weiteres Angebot. Dieses wurde seitens der Gewerkschaftsdelegation brüsk zurückgewiesen und weitere Warnstreiks angekündigt. Das nächste Mal will man sich am 10. April treffen.   

 

Herr Simon, warum ist die dritte Verhandlungsrunde ohne Ergebnis zu Ende gegangen?  

Simon: Die Verhandlungen haben sich festgefahren, weil sich die zweithöchste Tarifforderung der IG Metall seit über 20 Jahren als zu hoch herausgestellt hat. Mit ihrer Forderung hat die IG Metall eine Erwartung bei ihren Mitgliedern geweckt, die unsere Unternehmen in dieser äußerst schwierigen wirtschaftlichen Lage nicht im Ansatz erfüllen können. Das hat sich in Ostbevern einmal mehr als unüberbrückbare Differenz herausgestellt. Am Ende haben wir es nicht geschafft, eine Brücke zwischen Erwartungen und finanziellen Möglichkeiten zu schlagen.

Die deutsche Wirtschaft befindet sich das zweite Jahr in Folge in der Rezession. Die Industrie ist davon besonders betroffen, es wird immer schwieriger, am Standort Deutschland wettbewerbsfähig zu produzieren. Wir wirkt sich das auf die deutsche Textil- und Modeindustrie aus?

Simon: Unsere Unternehmen leiden unter realen Umsatzverlusten von über 20 Prozent über die vergangenen fünf Jahre. Dazu kommen die signifikant gestiegenen Kosten und eine schlechte bis sehr schlechte Auslastung infolge der strukturellen Konjunkturkrise. Die Kostenschere ist dadurch so weit auseinander gegangen, dass der Verteilungsspielraum für sehr viele unserer Unternehmen nur sehr, sehr klein ist.

Die Arbeitgeberseite hat die Tarifrunde mit dem Motto überschrieben „Gemeinsam Verantwortung tragen“. Wird das in der vierten Verhandlungsrunde gelingen?

Simon: Wir hätten uns natürlich gewünscht, dass wir in der dritten Runde fertig werden. Immerhin hatten wir ein gutes Einvernehmen über die wirtschaftliche Situation unserer Branche. Wir haben zwei Angebote gemacht. Sie enthielten sehr gute Elemente und waren, wie ich finde, auch ein deutlicher Schritt. Das Wesen von Tarifverhandlungen ist nun mal, sich zusammenzuraufen und einen Kompromiss zu finden. Deshalb bleibe ich optimistisch, dass wir das in der nächsten Runde schaffen, auch wenn es diesmal angesichts der wirtschaftlichen Lage ganz besonders schwierig ist.